Der Sündenfall
Der Mensch unterscheidet sich von anderen Lebewesen durch seinen ausgeprägten rationalen Verstand. Der Verstand ist einerseits ein großer Fortschritt der Evolution, aber er verdrängte im Laufe seiner Entwicklung eine andere Form von Verhaltenssteuerung, die in der Psyche des Menschen eine äußerst wichtige Funktionen erfüllt. Die Religion bezeichnet das als Sündenfall, weil der Mensch dadurch den Kontakt zu einem Teil der Realität und zu seinem Ursprung verlor. Das ist die Ursache der meisten menschlichen Probleme. Der Verstand kann bestimmte Arten von Problemen lösen, aber nicht alle. Das zeigen die zahlreichen eskalierenden Krisen. Die Krisen sind auf rein rationale Weise nicht lösbar. Sie können nur überwunden werden, indem der Verstand die Funktion und Bedeutung jenes verdrängten Teils der Psyche erkennt und in seine Funktion integriert, um so die verlorene Verbindung zur Realität wieder herzustellen.
Es gibt einen Teil der Realität, der vom wissenschaftlichen Weltbild nicht abgedeckt wird. Für den rationalen Verstand existiert dieser Teil der Realität überhaupt nicht. Um ihn wahrnehmen und verstehen zu können, muss das rationale Weltbild erweitert werden. Religion, Mythologie und fernöstliche Weisheitslehren beziehen sich auf genau diesen Teil der Realität. Allerdings ist die symbolisch-mythologische Sprache dieser Darstellungsform dem heutigen versachlichten Verstand nicht mehr zugänglich. Deshalb scheint es auch keine Verbindung zwischen religiösen oder mythologischen Inhalten und wissenschaftlichen Erkenntnissen zu geben. Es sieht so aus, als wären Wissenschaft und Religion ein Widerspruch. Das sind sie aber ganz und gar nicht. Es sind einfach nur zwei verschiedene Seiten einer Realität, die größer ist, als der Verstand sie wahrnimmt.
Um zu verstehen, wie und warum der Verstand die Realität einschränkt, muss zunächst verstanden werden, was Rationalität ist und wie der Verstand arbeitet.