Negatives Wachstum
Die Funktion des rationalen Verstandes basiert auf der Anwendung von Gesetzmäßigkeiten. Was nicht gesetzmäßig ist, betrachtet der Verstand als Zufall. Wenn der Erfolg eines Vorhabens nicht nur vom gesetzmäßigen Verhaltensanteil der Materie abhängig ist, sondern auch vom nicht-gesetzmäßigen Verhaltensanteil, fällt die Zukunftsprojektion, mit welcher der Verstand die Erfolgsaussichten berechnet, negativ aus und der Verstand blockiert das Vorhaben. Infolgedessen findet das Potential keine Erfüllung.
Nun ist aber das natürliche Potential, welches das Verhalten des Menschen wie das aller anderen Lebewesen antreibt, kein zufälliges Einzelereignis. Es kommt immer wieder. Es ist Teil der individuellen Natur und strebt immer weiter nach Erfüllung: wieder und wieder und wieder. Das Potential übt seine Anziehungskraft auf irgendeine Weise immer weiter aus, bis es sich erfüllt hat. Und jedes Mal, wenn das Potential die Aufmerksamkeit auf sich ziehen möchte, schiebt der Verstand seine negative Zukunftsprojektion dazwischen. Anstatt auf der positiven Projektion zu verweilen, wird die Aufmerksamkeit jedes Mal, wenn das Potential nach Erfüllung strebt, auf die negative Zukunftsprojektion des Verstandes umgeleitet. Die Aufmerksamkeit strandet auf dem Hindernis, welches das Potential von seiner Erfüllung trennt, so wie sich ein Bach, der ins Tal fließt, an einem Hindernis staut.
Das wiederum lenkt aber den nicht-gesetzmäßigen Verhaltensanteil der Materie in Richtung der negativen Zukunftsprojektion. Die negative Zukunftsprojektion des Verstandes wird dadurch gesetzmäßig. Die negative Zukunftsprojektion ist, dass das angestrebte Verhalten nicht möglich ist bzw. nicht erfolgreich wäre. Die Materie entwickelt sich so, dass ein erfolgreicher Verlauf des Vorhabens nicht mehr möglich ist. Es entsteht ein unüberwindliches materielles Hindernis. Ein Verhalten, das zunächst noch auf der Grundlage des nicht-gesetzmäßigen Verhaltensanteils möglich gewesen wäre, ist nun gar nicht mehr möglich. Es kommt zu einer negativen Entwicklung - einer materiell-gesetzmäßigen Einschränkung des Verhaltens.
Wenn diese Einschränkung den Körper betrifft, dann wird das als Krankheit wahrgenommen: Eine Krankheit ist der vorübergehende oder dauerhafte Verlust von Verhaltensmöglichkeiten. Zahlreiche unheilbare Krankheiten entstehen auf genau diese Weise. Sie erscheinen unheilbar, weil der Zusammenhang nicht bekannt ist. Aus Sicht des Verstandes ist ihr Entstehen zufällig, weil das verursachende Verhalten des Verstandes nicht gesehen wird.
Wenn eine negative körperliche Entwicklung ein gewisses Maß überschreitet, dann wird sie genetisch verankert und an die Folgegeneration weitergegeben. Aus rationaler Sicht, ist die Krankheit dann "genetisch verursacht" und damit laut Darwins Evolutionstheorie ein Produkt des genetischen Zufalls. Tatsächlich sind genetische Veränderungen aber die Folge eines lange praktizierten Verhaltens.
Betrachten wir den Prozess zerlegt in seine 3 Aspekte:
- materielle Entwicklung: Eine negative Zukunftsprojektion wird immer mehr zu einer materiellen Realität.
- Verhaltensentwicklung: ein nicht-gesetzmäßiges Verhalten wird gesetzmäßig. Das Verhalten besteht in diesem Fall darin, etwas nicht zu tun, das eigentlich möglich wäre. Wenn dieses Verhalten gesetzmäßig wird, dann wird das "nicht tun" gesetzmäßig, was gleichbedeutend damit ist, dass das Vorhaben, das ursprünglich einmal möglich gewesen wäre, nun gar nicht mehr möglich ist.
- Da nun der Verstand in das Geschehen eingreift, gibt es noch eine dritte Betrachtungsebene, nämlich die des rationalen Weltbildes: Das Weltbild des Verstandes verwirklicht sich als materielle Realität. Wenn der Verstand glaubt, das etwas nicht möglich ist, das eigentlich möglich wäre, kommt es zu einer materiellen Entwicklung, welche die Annahmen des rationalen Weltbildes materialisiert. Für den Verstand stellt sich das als eine Bestätigung seiner (falschen) negativen Annahmen durch die Realität dar, weil er die schöpferischen Möglichkeiten des eigenen Bewusstseins nicht kennt und der Materie stattdessen eine zufällige Entwicklung unterstellt.
Bei einer negativen Entwicklung wird eine zunächst rein psychisch bedingte Verhaltenseinschränkung zu einer materiellen Verhaltenseinschränkung. Der Verstand blendet aus, dass die psychische Verhaltenseinschränkung bereits vor der materiellen Verhaltenseinschränkung existiert hat.
Weil der Verstand der Materie eine vom Bewusstsein unabhängige Existenz und Entwicklung unterstellt, sieht er die unbewusst selbst hervorgebrachten Entwicklungen als Bestätigung seiner falschen Annahmen über die Materie.
Der Verstand erkennt den Zusammenhang nicht, weil er so stark auf die Ebene der materiellen Veränderungen fixiert ist. Er hat die Verhaltensebene nicht im Blick. Es sind 2 Zusammenhänge, die dem Verstand hier fehlen:
- Der Einfluss einer körperlichen Veränderung auf das Verhalten: Eine Krankheit schränkt das Verhalten ein: Worin genau besteht die Einschränkung des Verhaltens? Der Verstand übersieht diese Ebene, weil er nach materiellen Ursachen der Krankheit sucht.
- Der Zusammenhang zwischen körperlich und psychisch bedingten Verhaltenseinschränkungen: Der Verstand weiß nicht, dass psychische Verhaltenseinschränkungen auf diese Weise zu körperlichen (materiellen) Verhaltenseinschränkungen führen können. Deshalb hat er auch kein Problem damit, auf Nummer sicher zu gehen und Verhalten einfach mal einzuschränken. Wenn es erst mal zu einer materiellen Veränderung gekommen ist (Krankheitssymptome), wird die Einschränkung des Verhaltens zu einer selbstverständlichen Folge der materiellen Umstände. Der Verstand verdrängt dann, dass die psychisch bedingte Einschränkung bereits vor der materiell bedingten Einschränkung da war.
Das Ganze wird noch ein bisschen klarer, wenn man das für ein konkretes Vorhaben erforderliche Verhalten in 3 Kategorien unterteilt:
- (nahezu) vollständig gesetzmäßiges Verhalten: gelingt (nahezu) immer, verlangt kaum Aufmerksamkeit (Konzentration, Anstrengung), läuft (nahezu) automatisch und wie von selbst ab. Eigentlich gibt es kein vollständig gesetzmäßiges Verhalten. Deshalb erscheint hier immer das obligatorische "nahezu". Gemeint ist eine Erfolgswahrscheinlichkeit von nahezu 100 Prozent.
- wahrscheinliches Verhalten: Aus rationaler Sicht braucht es "ein bisschen" Glück oder Zufall, damit das Vorhaben gelingt. Gesetzmäßiges Verhalten ist ein Verhalten, das immer gleich abläuft. Wenn ein Verhalten nicht vollständig gesetzmäßig ist, gibt es einen nicht-gesetzmäßigen (scheinbar zufälligen) Verhaltensanteil. Das bedeutet einen möglichen Spielraum an Resultaten.
- unmögliches Verhalten: Die Erfolgswahrscheinlichkeit ist (nahezu) 0 Prozent. Das gesetzmäßige Verhalten der Materie verhindert zuverlässig, dass das Vorhaben gelingen kann.
Genaugenommen sind die 3 Bereiche natürlich nicht exakt abgegrenzt, sondern die Erfolgswahrscheinlichkeit wandert von 100 Prozent bei 1. zu 0 Prozent bei 3.
- Bei einer positiven Entwicklung wird aus einem wahrscheinlichen Verhalten ein gesetzmäßiges Verhalten. Die Erfolgswahrscheinlichkeit steigt. Das wiederum erweitert den Spielraum des wahrscheinlichen Verhaltens. Es wird Verhalten wahrscheinlich, das zuvor noch unmöglich war. Eine positive Entwicklung ist die Erweiterung von Verhaltensmöglichkeiten.
- Bei einer negativen Entwicklung wird aus einem wahrscheinlichen Verhalten ein unmögliches Verhalten bzw. eine Verhaltenseinschränkung.
Aus rationaler Sicht entsteht jetzt wahrscheinlich der Eindruck, die Aufmerksamkeit wäre eine Art Zaubermittel, das sich als rationale Wunderwaffe einsetzen lässt, indem man die Aufmerksamkeit einfach nur richtig ausrichtet. So ist es aber nicht - aus 2 Gründen:
- Die Aufmerksamkeit folgt vorzugsweise dem natürlichen Potential und kann vom Verstand nicht "besser" ausgerichtet werden. Der Verstand kann entweder dafür sorgen, dass die Aufmerksamkeit dem natürlichen Potential folgen kann oder die Aufmerksamkeit auf Hindernisse ablenken und so negative Entwicklungen verursachen.
- Wenn der Verstand die Aufmerksamkeit als so eine Art Psycho-Pflaster mal eben ein bisschen auf positive Vorstellungen lenkt, dann nützt das gar nichts. Diesem Irrtum ist schon das "positive Denken" zum Opfer gefallen. Entscheidend ist, welche Vorstellungen das ganz reale Verhalten tatsächlich antreiben, indem sie das Potential für das Verhalten erzeugen. Der Verstand kann ein positives Potential nicht rein rational am natürlichen Potential vorbei erzeugen. Der Verstand kann nur negatives Potential künstlich erzeugen (und tut das auch ausufernd mit entsprechend negativen Folgen).
Ein äußerlich gleiches Verhalten kann positiv oder negativ angetrieben sein. Positiv und negativ bezieht sich dabei auf das tatsächlich wirkende Potential:
- Positives Potential: von etwas angezogen werden,
- negatives Potential: vor etwas weglaufen
So ist es ein ziemlich großer Unterschied, ob jemand joggt, der eine positive Vorstellung damit verbindet oder ob jemand joggt, der das eigentlich hasst und es nur tut, um abzunehmen bzw. weil er "zu dick ist". (Das Joggen ist hierbei ein äußerlich sichtbares Verhalten, das innerpsychisch ganz unterschiedlich entstehen kann.) Aufmerksamkeit ist keine rational verwertbare Methode, sondern ein realer Zusammenhang, den der Verstand einsetzen könnte wie ein Naturgesetz, wenn er ihn denn erst mal anzuerkennen bereit ist. Die Aufmerksamkeit kann nur im Kontext des natürlichen Potentials konstruktiv ausgerichtet werden. Der Zusammenhang kann nicht zur Verwirklichung von rein rationalen Zielen missbraucht werden, die keinen Bezug zum natürlichen Potential haben.
Anhand seiner negativen Umkehrung lässt sich der Zusammenhang zwischen Verhalten und Evolution wissenschaftlich viel einfacher beweisen als in seiner positiven Ausprägung:
- Negative Entwicklungen laufen schneller ab als positive Entwicklungen. Es erfordert viel weniger Energie, etwas zu zerstören, als es aufzubauen. Die Veränderungen sind deshalb sehr viel leichter und klarer zu beobachten als bei der positiven Ausprägung der Evolution.
- Der Verstand blockiert aus Unkenntnis der Zusammenhänge positive Entwicklungen. Es gibt deshalb beim Menschen kaum positive Evolution, die überhaupt beobachtet werden könnte. Stattdessen produziert der Verstand aber um so mehr negative Entwicklungen, die jede Menge Stoff für Beweise liefern (sobald der Zusammenhang zum Verhalten überhaupt erst einmal wahrgenommen wird).
Evolution basiert auf einem Verhalten, das nach Erweiterung strebt. Wenn die Psyche das Verhalten aber stärker einschränkt, als die körperlichen Grenzen es erfordern würden, dann kehrt sich der Prozess um.
Viele körperliche Verhaltenseinschränkungen (Krankheiten), die aus rational-wissenschaftlicher Sicht rein zufällig entstanden sind, haben lange vor den ersten Symptomen bereits als psychische Verhaltenseinschränkungen existiert.
Die anfangs dieses Kapitels beschriebene Entstehung negativen Wachstums ist nur eine Variante aus einer Vielzahl an unterschiedlichen psychischen Mustern, durch welche der rationale Verstand negative materielle Entwicklungen erzeugt:
Wenn der Verstand ein vom natürlichen Potential angestrebtes Vorhaben als aussichtslos bewertet und blockiert, schiebt sich die negative Zukunftsprojektion des Verstandes immer wieder vor die positive Projektion des Bewusstseins.
Die Nichterfüllung des natürlichen Potentials führt zu einer ganzen Reihe an Fehlentwicklungen wie Sucht, Depression, ADHS und Übergewicht. Der Verstand versucht, diese Probleme mit allen Mitteln (unter anderem Medikamenten) zu bekämpfen, ohne ihre tatsächliche Ursache zu kennen. Da der Verstand die tatsächliche Ursache nicht kennt, kann er die Probleme auch nicht lösen. Aber sein Aktionismus wird die ganze Zeit von der Wahrnehmung der negativen Auswirkungen des Problems angetrieben (negatives Potential). Das heißt, die Aufmerksamkeit ist die ganze Zeit auf die negativen Auswirkungen des Problems fixiert. Infolgedessen verstärken sich die negativen Auswirkungen immer weiter. Wäre eine tatsächlich funktionierende Lösung des Problems bekannt, würde sich die Aufmerksamkeit positiv ausrichten.
Das zuvor beschriebene Muster gilt für jede Art von Problem, welches ohne Kenntnis der tatsächlichen Ursache bekämpft wird.
Aktionismus, der ein Problem bekämpft, ohne dessen tatsächliche Ursache zu kennen, verstärkt die die negativen Auswirkungen des Problems und wirkt einer Lösung damit direkt entgegen.
Rational "richtiges" Verhalten erzeugt kein positives Potential, wenn es nicht sowieso mit dem natürlichen Potential übereinstimmt. Der Verstand berechnet aber jede Menge an rational "richtigem" Verhalten, das keinen Bezug zum natürlichen Potential hat. Infolgedessen muss er Potential irgendwie künstlich erzeugen, um sein Verhalten in Gang zu bekommen. Das tut er, indem er die negativen Konsequenzen, wenn das Verhalten nicht in die Gänge kommt, zu absoluten Horrorvisionen aufbläst. Der Verstand erzeugt künstlich ein negatives Potential. Positives Potential kann er nicht künstlich erzeugen. (Daran ist das "positive Denken" gescheitert.) Bei derart negativ angetriebenem Verhalten wirkt aber die Aufmerksamkeit dem rationalen Ziel direkt entgegen.
Weil der Verstand das nicht-gesetzmäßige Verhalten der Materie für zufällig hält, produziert er jede Menge negativer Zukunftsprojektionen einfach so aus dem Nichts: In einer Welt, die sich zu einem großen Teil zufällig verhält, kann jederzeit alles Mögliche passieren. Der Verstand sieht negative Entwicklungen voraus, die es eigentlich nie gegeben hätte. Weil der Verstand aber dann die vermeintlich negativen Entwicklungen zu bekämpfen beginnt, fixiert sich die Aufmerksamkeit auf die negative Projektion und lenkt das Verhalten der Materie in ihre Richtung. Sobald der Verstand die ersten Anzeichen der unbewusst von ihm selbst erzeugten negativen Entwicklung wahrnimmt, sieht er seine negativen Annahmen bestätigt und verstärkt seine Anstrengungen, das Problem zu bekämpfen. So entsteht eine negative Spirale einer sich selbst verstärkenden negativen Entwicklung.